Der erste Mensch, von: Sybille Lengauer

Nach Äonen der Dunkelheit sprach Gott: „Es Werde Licht!“
Jedoch die Finsternis dauerte an…
Erneut ließ Gott seine Stimme in der Leere erschallen: „Es Werde Licht!“
Doch nichts geschah…

Jahrtausende verstrichen, ohne dass jemand zugegen war, sie zu zählen. Und wieder hub Gott an, Sein Wort zu verkünden:
„Warum Bleibt Es Dunkel?“
Aber niemand war vorhanden, um ihm zu antworten…

Und so schuf Gott den ersten Menschen. Er formte ihn aus dem Nichts, das ihn umgab, und hauchte Leben in die entstandene Hülle. Das nackte Wesen drehte sich langsam in der Unendlichkeit.
„Wer bin ich?“ fragte der erste Mensch.
„Du Bist Das Erste Geschöpf, Das Ich Erschaffen Habe. Du Wurdest Geboren, Um Mir Zu Dienen, Meinem Willen Zu Gehorchen Und Meine Fragen Zu Beantworten. Ich Habe Dir Dazu Die Möglichkeit Gegeben, Frei Zu Denken. Du Bist Der Erste Mensch.“

Der erste Mensch öffnete die Augen und sah Gott fragend an:
„Aber welche Fragen soll ich DIR beantworten können, der du mich erschaffen hast? Kann mein Wissen je das DEINE bereichern, wo ich doch deine Schöpfung bin?“
„Ach Gott“, erwiderte Gott. „Eine Gute Frage.“
„Welches war nun die Frage, deretwegen du mich erschufest, oh Herr?“ seufzte der erste Mensch.
„Nun, Ich Sprach Zu Dem Nichts: ES WERDE LICHT, Doch Dunkelheit Umhüllt Uns Immer Noch.“

Der erste Mensch dachte eine Weile darüber nach. Als er die Antwort gefunden hatte, erhellte ein Lächeln sein Gesicht.
„Gib mir ein Schwert, oh Herr. Ich werde damit Licht schaffen.“
Und so schuf Gott das Schwert für seine erste Kreatur und sprach:
„Nimm Dies Und Schaffe Mir Licht, Es Ist An Der Zeit, Den Kosmos Zu Erfüllen.“

Da holte der Mensch mit dem Schwert aus und schlug Gott den Schädel vom Leib. Gott war zu überrascht, um sich seiner Unsterblichkeit zu entsinnen, und so starb er, auf drastische Weise. Als sein Körper zu Staub zerfiel, trat der erste Mensch über die bröckelnde Leiche und knurrte:
„In deiner Weisheit gabst du mir das freie Denken, oh Herr. So handle ich nun auch frei. Und Freiheit braucht NIE einen Herrn.“
Und dann schuf er ein großes Licht…

Sybille Lengauer