Haushaltsgeräte I: Der Mixer, von: Ingeborg Denner

Der gewöhnliche Mixer (Miscere Vulgaris) ist an allen möglichen Orten anzutreffen. Ich habe unseren schon im Wäscheschrank, im Backofen, hinter dem Computer und in dem Einkaufswagen, der voll mit Gerümpel auf dem Außenflur steht, gefunden. Wie die meisten Klein- und Mittelteile meidet auch der gewöhnliche Mixer jene Orte, an denen man ihn zu finden erwartet. Nützliche Geräte haben eben ein scheues und schüchternes Naturell – im Gegensatz zu unnützen, wie diesen verflixten Schnapsdackel mit Schnauzverschluß, der mir, in welche entlegene und staubige Ecke ich ihn auch räume, wiederbegegnet, sobald ich irgend etwas suche. Wenn ich nicht in ständiger Angst vor meiner Tante Agathe lebte, die ihn mir vor langer Zeit einmal von ich-weiß-nicht-wo mitgebracht hat, und ja eines entsetzlichen Tages zu Besuch kommen und sich nach seinem Befinden erkundigen könnte, hätte ich ihn schon lange entrümpelt. Ich habe ihn schon auf die Fensterbank gestellt, wo die Katzen immer die Blumentöpfe zerschlagen (nie würde Tante Agathe einer Katze etwas übelnehmen), aber die Katzen, anstatt ihn von der Fensterbank zu werfen, begannen, mein Zimmer zu meiden. Ach ja, der Mixer.
Also, dieser Mixer ist wirklich ein großartiges Ding. So was baut man heute nicht mehr. Er war schon in der Wohnung, als ich kam, und er kriegt wirklich alles klein. Eins der ersten Kochrezepte, das ich lernte, war: Gebe alles Mögliche in den Mixer. Drücke dreimal auf den Knopf. Brate das Resultat in Butter. Mit Reis servieren, so man in der Lage ist, Reis zu kochen, wobei ein Mixer nicht im geringsten hilft.
Es gibt nur ein einziges Problem: seinen Deckel. Er hat keinen, was vor allem Rezepte mit Tomaten sehr dramatisch gestaltet. Es ist für einen normal gebauten Menschen (= zwei Arme) einfach unmöglich, ihn gleichzeitig einzuschalten, am Wegeiern zu hindern und den Inhalt drinnen zu behalten. Ich hab’s mit Cellophan versucht, was dazu führte, daß außer Tomaten auch Cellophan an der Decke klebte. Einen Teller drauftun half auch nichts. Die Katze weigerte sich, auf dem Teller sitzenzubleiben, als der Mixer losröhrte, stieß den Teller beiseite und floh, blutrote Tomatenspuren zurücklassend, unter das Sofa.
Seither steht ein medizinisches Wörterbuch in der Küche und irritiert mit seinen roten Flecken die Gäste. Es hat den Vorteil, den Teller solide an seinem Platz auf dem Mixer zu halten, und ist nicht schreckhaft.
Und wo ist jetzt der verflixte Mixer, damit ich endlich etwas zum Abendessen kriege?

Aus dem Kochbuch des Mixerbesitzers: Rührei.
Man nehme:
soviel Eier, wie da sind
einen Teller
eine Pfanne
einen Mixer
ein medizinisches Wörterbuch von ca. 1,5 kg
Butter, Salz, Pfeffer, Tabasco
Man werfe die Eier in den Mixer, verschließe diesen mit dem Teller und dem medizinischen Wörterbuch (in dieser Reihenfolge) und drücke auf den Knopf, bis die Eierschalen so fein sind, daß sie nicht mehr stören. Butter in der Pfanne braun werden lassen. Inhalt des Mixers reingeben. Würzen. Braten, bis es gar ist. Mit Reis servieren.

Ingeborg Denner