Spiegelkontroverse, von: Daniel Schulz

Deine Wut lässt du nicht mehr an dir aus.
Die Narben sind zur dicken Haut verheilt,
Dornen gegen dich, richtest du zurück:
Nichts darf gegen dich sein.
Deshalb steh ich hier, weit entfernt von dir.
Es ist halt so. Schicksalhafte Erklärung, meinst du.
Und wenn dem so ist, hast du das Schicksal erfunden,
Erfindung, Fortschritt heißen heutzutage ja Komfort.
Mich entfernt zu haben, wäre weniger so gewesen –
Es wäre Verantwortung, ein Wutanspruch gegen dich,
ein Rückschritt voller Spiegelscherben, kein Vorwärts.
Schau niemals vorwärts, wenn du in den Spiegel guckst,
es könnte Rückwärtswirkungen haben.
Es ist nicht deine Schuld, wenn deine Gefühle
mit dem Bild deines Selbst nicht klar kommen.
Deshalb gehst du vorwärts. Deshalb machst du Fortschritte.
Das Licht am anderen Ende dieses dunklen Tunnels,
das ist deine Rechtfertigung, dein Heiligenschein –
und es geht alles glatt und rund in diesem Kreis, in deinem kleinen Lichte.
Fortschritt schaut niemals zurück.
Selbsterhaltung, Kreislauf: dein Heiligenschein.
Bereinigung mit der Vergangenheit.
Siehst du in den Spiegel? Siehst du dich selbst,
wenn du dein Gesicht, deine Identität reinwäscht?
Wer in den Spiegel schaut,
sieht vorwärts, indem er rückwärts schaut.

Daniel Schulz