Railgun, von: Daniel Schulz

1. Phantasma

Rollen. Aufpressen. Schneiden. In einer Serie durch. Aus der Serie darauf ein Paket/Bündel, aus dem Bündel Einzelausgaben. Vom Fluss des Fließbands, der Konzentration, ins Territorium hinein: Dispersion: Logistik aus Milieus. Rezension. Rückführung des Textes ins Milieu zurück, aus dem er veröffentlicht worden ist via Wiedergabe. Wiedergabe eines Textrefrains aus dem Refrain der Milieus ins selbige zurück und andere. Überall hören wir das Knattern der Maschinen. Überall die Produktion. Überall sehen wir Autoren, die veröffentlicht werden. Nirgendwo sehen wir Menschen, die schreiben.
Es ist, als fiele etwas aus dem Rahmen, als passe etwas an dieser Aussage nicht ins Bild. Die Zensur fast gänzlich abgeschafft, der Rahmen, dem die Literatur gesetzt wird, nicht mehr eng und dunkel, Diskriminierung nur eine Randerscheinung, die wahrhaft obskure Idee in Zeiten, in denen ein Massenindividualismus an Texten vorhanden ist. Was an Literatur vorhanden ist, existiert nicht unterdrückt, sondern im Überfluss. Eine Verfügbarkeit, die ohne die Transparenz des Schaufensters nicht zu denken wäre, aber auch nicht ohne ihren Rahmen: den Fokus. Was wäre also an dieser Aussage nicht obskur, wenn wir über dasjenige sprechen, was aus dem Rahmen fällt, wo doch unser Bild der Literatur sich erst durch diesen Rahmen ergibt?

Was aus der logistischen Verteilung zur Produktion zurückkehrt: Der Überrest ist der Mehrwert, welcher die Produktion antreibt. Wer nicht Post Natem zum Erfolg kommt, kann dadurch immer noch hoffen, dass er Post Mortem als Teil der Literatur akklamiert wird: Solange etwas überbleibt… Die Gerüchte um den Tod müssen nur laut genug sein, um sich selbst in einen Kreis hinein zu mediieren, der Jenseits von dir ist. Die Medien, Mediatoren des Mediierten, Expansoren einer Aura aus Krach, der sich in Harmonie mit den Milieus befindet. Das Wort, das den Erfolg Post Mortem signiert: Entdeckung.
Wie bei Cyrano de Bergerac, Jakob Michael Lenz, Sophie Mereau-Brentano und Sophia Tolstoja. Akklamation Post Mortem: der Dunkelheit entwendete Schrift. Aus dem territorialen Jenseits ins Diesseits der Milieus. Im Angesicht des ans Licht Gebrachten, die Akklamation des Textes, Akklamation unseres eigenen Fortschritts, unserer eigenen „Kultur“, aus Sicht unserer heutigen Toleranz gegenüber dem Atheismus und dem Feminismus. Post Mortem ihrer Zensur, das Mortem, welches die eigentliche Natalität des Fortschritts ist, nicht unsere Veröffentlichung, die nicht Ante Mortem der Beerdigten stattfand.
Mediation. Es ist keine Frage der Zensur: Es ist eine Frage des Zugangs. Das Archiv ist nur die Inversion dessen, was Dispersion war, in eine Konzentration hinein. Ansammlung dessen, was über ganze Territorien verteilt lag, in eine noch begrenzte Anzahl an Milieus, in einem Diesseits, das nur im Jenseits zu finden ist. Ein Fokus, der eine Zutage Förderung an die Oberfläche ermöglicht. Eine Mediation, die Erfolg zeigt, ist eine Mediation, in der Rezeption gleich Erwerb(en) ist, d.h. ein wachsendes Publikum.
Das Interesse muss geweckt sein, eine Nachfrage. Denn niemand bittet den Künstler, dass er Kunst mache, vor allem nicht seine eigene. Aber wie jedes Simulacra eilt die „Kunst“ als Wert dem Künstler voraus , erstellt eine Nachfrage, der er ein entsprechendes Angebot leisten muss. Ohne Erfüllung des Simulacras durch eigene Simulation dieser Werte fällt der Autor jenseits des Rahmens, gerät „out of focus“. Will er jedoch ein Leben aus seinem Überleben machen, muss sich der Fokus auf ihn halten: Er muss einem Publikum leben machen mit seinem Text oder sterben gelassen werden, seinem eigenem Überleben überlassen bleiben. Nicht länger die eigene Arbeit und Mühe stellen hier die Investitionen der Literatur da, sondern das Publikum, das durch seine eigene Investitionen, Interesse und Geld, den Autor aus dem Kreis des eigenen Körpers in den Kreis der Öffentlichkeit zutage fördert.
Kein Sterben Machen, keine Zensur, sondern ein Liegen Lassen dessen, was nicht akklamiert wird, denn was sich selbst nicht akklamiert, mediiert sich nicht, tritt nicht aus seiner Begrenzung heraus aus. Autonomie, das ist ein anderer. Der Text, der sich selbst macht, ein Text, der sich selbst durch ein Publikum macht. Der innere Kreis, der ohne den äußeren nicht nach Außen dringt. Wie ein Circus Virtiousus, dich selber durch das Außen füttern, das dich macht. Eine Mästung ohne Ende: introvertierte Exversion, d.h. Inversion dessen, was du schreibst, gegen dich selbst. Herauskommen, um zum Kreis dazu zu gehören, zu dem sonst keiner zugehört: sich selbst in einen äußeren Kreis hinein introvertieren.
Auf die Frage von Außen, was Literatur ist, verweist die Literatur jedoch auf sich selbst. Der Kanon mag sich als Institution aufgelöst haben, die Literatur als Pantheon bleibt. Die Autoren, die zu diesem Pantheon zugeordnet werden, bilden das Referenzsystem, durch welches die Literatur auf sich selber verweist. Literatur als Begriff: eine Selbst-Referenz, die sich durch eigene Rezeption bestätigt. Literatur ist somit von der Rezeption produzierte Wahrheit und Wahrheit, die sich, durch Assimilation von Autoren in ihr Pantheon, selbst fortschreitend produziert. Was assimiliert wird, wird zum Exempla der Literatur, und als Exempla zu einem ihrer Modelle: Bestätigung der Selbstbestätigung der Literatur: eine zum Gesetz gewordene Wahrheit via Akklamation.
Die Akklamation ist dabei nur der äußerste Kreis dieser Bestätigung, nämlich die Bestätigung ihrer eigenen Bestätigung: der Simulation im Schaufenster: dass die Rezeption den Autoren macht. Dieselbe Rezeption, in der sich der Autor als sein Verursacher widerspiegelt. In sich geschlossen, steht der Autor da, in einem um ihn geschlossenen Kreis. So zu sein wie Goethe, Trakl, Baudelaire und Burroughs, so zu sein wie wer auch immer, solange er zum Referenzsystem gehört, das sich selber referiert: der Literatur. Ein Circus Virtiousus um eine Leerstelle, der den in sich geschlossenen Kreis nach Außen treten lässt. Zu schreiben, eine Libidonale Ökonomie mit der Lust zum Text beim Publikum.
Heiligkeit. Profanität. Zwei Seiten derselben Null. Die Literatur ist nicht mehr dividuell: Sie besitzt keine Differenz mehr zu sich selbst. Noch Post Mortem kann dem „Poète maudít“ der Heiligenschein des Erfolgs aufgesetzt werden. Auf derselben Linie seiner Wirkung wird der Corpus seines Scheiterns zum Corpus eines Erfolgs verwandelt. Die Differenz zu sich selbst, welche die eigene Identität bedeutet, existiert nicht mehr. Literatur, eine Einverleibung durch Abstraktion, ist zur puren Verschiebung geworden, ohne Bruch zu ihrer Zeit.
Kultur als Akkulturation der Schriften, die sie, die Kultur, kritisieren, bedeutet nichts anderes als Neutralisierung jeglicher Wirkung eines Textes. Alles, was sich der Neutralisierung widersetzt, läuft hingegen Gefahr, den Rahmen zu zerbrechen, in dem ein Mehrwert in „plesír“ und Kapital gesichert sind. Ein Text, der sich nicht moderieren, nicht modulieren lässt, kann dem gesellschaftlichen Code keinen Mehrwert geben, selbst wenn er gut oder gar genial ist. Das Gesicht muss sich der Maske des Phantasmas, die ihm aufgesetzt wird, anpassen. Nur so lassen sich nachträglich noch Monumente erbauen, ein „Wir machen keine Fehler mehr wie Gallimard…“ – Wir könnten auch in unserem eigenen Kreis verharren, uns in einem Narzissmus ertränken, der kein Publikum ist. Das jedoch ist nur die andere Seite desselben Phantasmas, der Selbst-Referierbarkeit der Literatur, ihr zentrales Bild, das jener Rahmen affirmiert, der es auch aufrecht hält: die Mauern, die das Phantasma daran hindern, sich selbst zu zerbrechen: der Rahmen, der nur das selektiert, was es nicht verneint.

2. Railgun

Das Selbst, das sich selbst, seine Selbst-Transzendenz crash-testet, die Zerstörung des eigenen Selbst in ein neues Selbst hinein : und innerhalb dieser Stupidität: das stumme Schweigen angesichts dessen, was uns durchbricht. Es ist nicht die Grenze des Territoriums, an der wir zerbrochen sind, sondern an der Grenze in uns selbst durch die Grenze außer uns, die wir nie erreicht haben: die der Veröffentlichung. Die Welt zur Wüste geworden. Wir kennen uns nicht mehr. Wir kennen nur noch die Mirage: optische Illusion, der unsere Schritte ihre dritte Dimension verleihen: unser Begehren.
Es ist etwas Sacrosanctes in dieser Illusion, etwas der Heiligkeit Geweihtes/Sanktioniertes und damit, durch seine Unberührbarkeit, doppelt Heiliges. Die kybernetische Aura eines selbst-referentiellen Kerns, Ereignis-Horizont eines zu Benennenden, gespeist durch das Feedback seines Publikums, lädt, was es auflädt, und wird zum Transformator dessen, was es vermehrt. Der Verkauf, Abstrakt-Machine des Kaufs: Schematisierung des Marktes.
Apperzeption nicht nur unmöglich , sondern auch nicht nötig. Der Brief, der weitergereicht wird, braucht keine Adresse, braucht keinen bewussten Leser, braucht keine Bedeutung, braucht nur weitergereicht werden: Es ist wie Geld: Seiner Bedeutung beraubt, besitzt es alle Bedeutungen, ist pure Zahl und Kalkulation : ein Umschlag ohne Inhalt: reiner Gebrauchswert. Mensch/Text als Mittel und Zweck. Bedeutet dies, dass wir weniger snobistisch und moralistisch sind?
Es braucht nur einer etwas zu sagen… Die Intensität der inneren Störung, die Hörschwelle, lässt das Gehört Werden jedoch nicht zu, ist zum Filter geworden für das Rauschen jenseits unseres eigenen Diskurses. Woran wir stoßen, ist keine äußere Grenze mehr, es ist eine innere, als Außen jenes Außen, das uns denkt. Eine negative Rückkopplung innerhalb der Maschinerie nicht möglich, denn sie ist die unsere geworden: eine diagrammatische Verschiebung auf derselben Route wie der Brief: Ihr Weiterreichen ist die Verschiebung, die Invariable, welche die Statistik möglich macht: die Leerstelle.
Negative Rückkopplung? Was nicht erscheint, lässt sich nicht denken: „Was sich nicht sprechen lässt, darüber muss man schweigen.“ Man bemerkt es nicht, wenn jemand nicht veröffentlicht wird, wenn jemand es nicht geschafft hat, publiziert zu werden. Unser Körper, mangels Erscheinung, hat nie existiert. Die Wüste, die uns umgibt, ist eine der sich selbst vermehrenden Logistik. Der sich selbst entwendete Körper, Unterseite einer illuminierten Null.
Literatur, sowohl als institutionalisierte Fiktion, als auch fiktive Institution , ist Produkt einer kollektiven Maschine, die wie jede Assemblage weder Überbau noch Basis, weder Tiefenstruktur noch Oberflächlichkeit bedeutet, sondern nur das bloße Abflachen aller Dimensionen zu einer einzigen Ebene der Konsistenz und Stetigkeit. Diese Abstraktion dessen, was die konkrete literarische Maschine ist, wird darauf in ihrer eigenen Redundanz/Subjektifikation zum Zeichen-Regime, das den Autor artikuliert: Als Subjekt einer Benennung wird er ins Subjekt eines Statements zurückgespult, nur um das Subjekt der Benennung für ein weiteres Verfahren wiederzubeliefern . Der, durch seine Anti-Kunst, auf die Kunst zurückgeworfene Dadaist. Alles ist assimilierbar, solange es wiederbeliefert, was es benennt. Unser Problem ist das eines durch Nicht-Benennung artikulierten Körpers. Der Körper, der an sich selbst und seinem eigenen Rauschen zergeht, zur puren Fakultät und Kapazität wird , genauso blank wie der Brief, bar seines eigenen Ichs: pure Intersubjektivität. Ohne Gebrauchswert: bloße Möglichkeit. Ende des Möglichen: die Erschöpfung, das Penultimatum, die Grenze vor der Grenze, die der eigene Tod ist: Sprechen durch die Stille. Wir sind an die Grenze gelangt, was wir sagen können. Das Problem ist kein Problem der Hierarchie mehr, sondern eines der Ebene, der Aura, die Ereignishorizont ihrer eigenen Bezeichnung geworden ist.
Denken durch die Nullstelle. Der Autor als Variable eines Diagramms, der Autor als Variable eines Programms: auswechselbar. Als Rauschen außen vor dem Diskurs, der uns selbst ist: der Autor. Unser Körper, durch sich selbst entsiegelt, Möglichkeit zu sich selbst durch sich selbst: zur eigenen Kapazität. Umgeleitet über Milieus und Publika, die uns selbst bedeuten sollen, damit wir sie vermehren. Selbst-Referentialität, als mediale Implosion. Population ist Information. Die Explosivität am Ereignishorizont: das Publikum. Modulation und Moderation sind die Bedürfnisse des gezielten Erfolges, jedoch nicht der Wirkung. Wirkung unterbricht sich, ist kein Applaus, sondern gezielter Chock einer Realisation.
Denken durch die Nullstelle: Ersetzbarkeit. Erst das Fehlen eines Nullpunkts in der Literatur macht einen Autoren zu dem, was er ist: die Bewegung seiner eigenen Schrift. Nicht in die Milieus zu passen, welche Institutionen der Fiktion, das heißt Literatur sind, bedeutet, nicht zur Fiktion zu gehören, die aufgeführt wird: die Realität der Literatur. Der sich selbst entwendete Körper: ein Delirium. Eine Realität, die nicht real ist, sondern reell.
Die Cinematographie unseres eigenen Verstandes , dieser Heiligenschein aus Bildern, den wir uns selbst vormachen, bricht zusammen. Suggestive 28tel jeder Sekunde unterbrochen von den 56tel jeder Sekunde, dem, was nicht ist: das Zerfallen des Bekannten in seine eigenen Fraktale: negative Rückkopplung: Rauschen. Was wir glaubten, was ist, zerbricht sich selbst in ein anderes Selbst: des Körpers seiner eigenen Stupidität, die nichts Negatives, sondern Offenbarung ist: Chockmoment der eigenen Realisation. Mein Körper, Ebene einer anderen Realität, als er selbst ist. Ein Denken ohne Geländer: thinking without railing: Entgleisung.
Der sich selbst entwendete Körper geht über sich hinaus und denkt sich durch die Nullstelle, durch die er in die Welt tritt. Die Übereinstimmung zwischen Erscheinung und Sein, durch die wir denkbar sind , ist das Schisma, das uns beherrscht. Der Chock, den wir bewohnen, kein Trauma, bricht unsere Sinne auf. Unser eigener Körper, die Grenze, die wir überschreiten, wird nomadisch: Wir durchschreiten uns selbst und durch uns selbst die Welt.

Dekodierung der Dekodierung: Es ist kein Text, der dir souffliert wird, sondern das Motif, durch das du sprichst. Selbst wenn es weder Form als Zeichen noch Ausdruck als Bezeichnetes gibt, sondern beides Variablen desselben Getriebes sind , sind Ziel und Bewegung des Texts es nicht. Es geht nicht länger um das Wahr-Lügen durch den Text, oder der Mediation als Falschheit, die Wahrheiten produziert , sondern um die Reduktion des Autors auf die Verfälschung: Simulacra.
Literatur, selbst-referentiell, ist zu ihrer eigenen Verführung geworden: ein Geschmack, der aus Mangel an echtem, körperlichem Hunger auf sich selbst zurückgeworfen ist, auf die eigene Benennung: Mediation ihrer eigenen Mediation: der Schriftsteller, ein Cut-In ein und derselben Tonbandaufnahme: Die Geschmäcker sind tatsächlich in Gussform verpackt und zur Idee der Kunst geworden. Es geht nicht um Massenverdummung, sondern um die Konsumption des Nicht-Verstehens. Die Dekodierung, durch welche wir die Welt begreifen, ist schon lange keine Dekodierung mehr: der auf seinen Geschmack reduzierte Hunger: Nullsummenspiel eines Begehrens, das sich als Raison verkleidet.

„Der gute Text macht den Autor.“: Es bedarf einer Sabotage dieses Mythos, das ihn verschleiert, des Diskurses, der den literarischen Autor predeterminiert. Das Vertrauen auf die Veröffentlichung durch eine Selektionsmaschine reicht nicht aus. Ebenso wenig führt die Sabotage, die Autoren aneinander verrichten, zu nichts anderem als einem Verstummen der Sprache, durch welche wir unseren eigenen Körper und unsere eigene Erfahrung sprechen und uns von ihrem Gezeichnet Sein entsiegeln. Sie führt nicht über die Grenze hinaus, die uns gesetzt wird, wenn wir nicht dem Motif entsprechend schreiben, das unsere eigene Produktion sein soll. Selbst wenn das Gesicht eine Maske ist, so ist die Maske, die man sich aufsetzt, nicht gleich Gesicht. Das schwarze Loch, das uns konsumiert, die eigene Subjektifikation, in der wir zerfallen, wenn wir uns ihres Tons und ihrer Frequenz annehmen, löst uns auf. Die Erscheinung, die aus ihr hervorgeht, die Auflösung des Körpers zum bloßen Abbild, ist die Umwandlung des eigenen Körpers zum bloßen Echo. Zur Selbstbestätigung des schon gewussten Mythos.

Die Sabotage am Mythos ist die Sabotage an der Bestätigung dessen, was wir längst wissen. Die Erscheinung, die einem Autor, der eine Wirkung erzielen will, aufgesetzt wird, führt letztendlich zur Introjektion seiner eigenen Persönlichkeit. Das Ideal-Ich, das man erzielen will, wird zum Mittel der eigenen Subjektifikation durch das Außen, das dich denkt. Zugleich durch deine Haut außer dir , als auch dadurch, dass dein Innen nichts anderes ist als das Außen jenes Außen, das dich denkt, trägst du alles, was du denkst, auf deiner Haut. Die Sinnlichkeit (Sentience), die unser Bewusstsein definiert, wird gegen sich selbst verkehrt. Zerbrochen durch die Introjektion unserer eigenen Wahrnehmung, zerfallen wir in den Tatsachen, die uns ausmachen, zur bloßen Variable. Wessen Schrift in die Variable passt, kann sich dem Mord nicht nur entziehen: Er kann ihn auch nicht wahrnehmen.
Erst durch den Chock als Bruch mit der Frequenz und Aura, auf der gesendet wird, kann man mit seiner eigenen, inneren Redundanz brechen, sie wieder aus sich selbst heraus fließen lassen, statt sich in ihrer eigenen Anstauung aufzulösen. Das Sprechen, das aus uns selbst herausbricht: Es ist unvermeidbar. Erst im Bruch mit der Frequenz, die uns sendet, gelangen wir zu einer Autonomie, die wir selbst sind. Und erst in ihr können wir die volle Bandbreite unserer eigenen Kapazitäten begreifen und begreifen, ob wir begriffen haben. Die Doxa unseres Wissens ist Nichts ohne jene Grenze, die unserer eigenen Logik gesetzt ist, damit wir sie überwinden.

Spiegelbild zerbrochen: Es gibt kein Ideal-Ich mehr. Nur noch die Dekodierung der eigenen Dekodierung, die unser eigenes Selbst in ein anderes hinein zerbricht: das Öffnen eines Kreises innerhalb einer Region, die der Kreis selbst geöffnet hat . Nach einem 12-Stunden-Tag kein Ende der Arbeit in Sicht, sondern ihr Beginn. Die Schwelle, die ich bin: das Stehen auf der Schwelle zum eigenen Erwachen. Unberührter Körper, durchaus berührter Geist: Meine Nerven sind Resonanz: mein Körper Borderline. Die Schwelle, die ich mir selbst bin: das Öffnen eines Kreises innerhalb des Territoriums, das sich selbst Simulation geworden ist: Wie ein gutes Graffito beginnt die Verwirklichung des Begehrens mit dem Akt seiner Erscheinung.

Daniel Schulz